Ratgeber für Eltern
Offener Umgang und verlässlicher Partner sein.
Vitiligo ist eine von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell anerkannte Hautkrankheit.
In unserem Elternratgeber, von PD Dr. Rachel Sommer, Head of People-Centered Health Care Research & Psychodermatology am University Medical Center Hamburg-Eppendorf (UKE), mit ihrem Team entwickelt, gehen wir auf wichtige Aspekte ein und geben Antworten und Hilfestellungen für Eltern von Kindern mit Vitiligo.
1. Soziale und psychische Herausforderungen für Kinder und Jugendliche mit Vitiligo
Vitiligo ist eine chronische Hauterkrankung, bei der sich weiße Flecken auf der Haut bilden. Sie entsteht durch den Verlust von Pigmentzellen und ist weder ansteckend noch gefährlich. Dennoch können Kinder und Jugendliche mit Vitiligo vor besonderen Herausforderungen stehen, die über die rein körperlichen Symptome hinausgehen:
- Soziale Unsicherheiten: Kinder und Jugendliche bemerken oft, dass sie „anders“ aussehen. Dies kann zu Fragen oder gar ungewollter Aufmerksamkeit von anderen führen, etwa durch neugierige Blicke oder Kommentare. In manchen Fällen erleben sie Ausgrenzung oder Mobbing, was ihr Selbstwertgefühl beeinträchtigen kann.
- Psychische Belastungen: Viele Kinder entwickeln Schamgefühle oder ziehen sich zurück, aus Angst, negativ bewertet zu werden. Jugendliche, die sich ohnehin in einer sensiblen Phase der Selbstfindung befinden, können unter der ständigen Angst leiden, nicht akzeptiert zu werden oder sich unwohl fühlen, ihren Körper zu zeigen.
- Selbstbewusstsein und Identität: Kinder mit Vitiligo kämpfen möglicherweise mit dem Gefühl, nicht „normal“ zu sein. Dies kann sich negativ auf ihr Selbstbild und ihre soziale Entwicklung auswirken.
2. Unterstützungsmöglichkeiten für Eltern
Es gibt viele Möglichkeiten, wie Eltern ihre Kinder unterstützen können, um mit den Herausforderungen von Vitiligo umzugehen:
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann enorm hilfreich sein – sowohl für Kinder als auch für Eltern. In Selbsthilfegruppen können Erfahrungen geteilt und Bewältigungsstrategien besprochen werden. Kinder fühlen sich weniger allein, wenn sie andere sehen, die dieselben Herausforderungen meistern. Der Deutsche Vitiligo-Bund e.V. bietet für Eltern von betroffenen Kindern ein Austauschplattform im Rahmen einer WhatsApp Gruppe, hat eine direkte Ansprechpartnerin und organisiert in regelmäßigen Abständen die Kinder-Vitiligo-Tage im Rahmen einer Wochenendveranstaltung. Weitere Informationen finden Sie auf seiner Internetseite und unter Kontakt.
- Psychologische Hilfe: Wenn das Selbstwertgefühl Ihres Kindes stark beeinträchtigt ist oder es Anzeichen von Angst oder sogar depressiver Verstimmung zeigt, könnte eine Kinder- und Jugendpsychotherapie hilfreich sein. Ein geschulter Therapeut kann dem Kind dabei helfen, besser mit der Erkrankung umzugehen und Selbstbewusstsein aufzubauen. Angebote finden Sie auf der Website Psychenet.
- Ärztliche Unterstützung: Auch Dermatologen oder spezialisierte Vitiligo-Zentren können Eltern beraten, wie die Erkrankung behandelt oder begleitet werden kann – sei es durch Hautpflege, medizinische Therapien oder einfach durch Informationen, die Sicherheit geben.
- Schulische Unterstützung: Sprechen Sie mit Lehrern oder Schulpsychologen, um sicherzustellen, dass das Schulumfeld Ihres Kindes unterstützend ist. Wenn nötig, können auch Aufklärungsgespräche in der Klasse helfen, Vorurteile abzubauen.
3. Tipps für Eltern im direktem Umgang mit ihrem Kind
Als Eltern spielen Sie eine entscheidende Rolle dabei, wie Ihr Kind Vitiligo wahrnimmt und mit den Herausforderungen umgeht. Folgende Ansätze können helfen:
- Offene Gespräche: Sprechen Sie offen mit Ihrem Kind über Vitiligo. Erklären Sie, was die Erkrankung ist, und betonen Sie, dass sie weder ansteckend noch „schlimm“ ist. Fragen Sie, wie es sich fühlt, und nehmen Sie seine Sorgen ernst. Zeigen Sie, dass es in Ordnung ist, über schwierige Themen zu sprechen.
- Selbstbewusstsein fördern: Betonen Sie die Stärken und Fähigkeiten Ihres Kindes. Machen Sie ihm klar, dass sein Wert nicht von seinem Äußeren abhängt. Loben Sie es für Eigenschaften wie Freundlichkeit, Intelligenz oder Kreativität.
- Vorbild sein: Kinder nehmen viel von ihren Eltern wahr. Wenn Sie selbst positiv und entspannt mit der Erkrankung umgehen, wird Ihr Kind diese Haltung auch eher übernehmen.
- Normalität bewahren: Behandeln Sie Ihr Kind nicht anders, nur weil es Vitiligo hat. Es sollte nicht das Gefühl haben, „besonders“ oder „anders“ behandelt zu werden – im Positiven wie im Negativen.
- Strategien gegen Ausgrenzung vermitteln: Üben Sie mit Ihrem Kind, wie es auf neugierige Fragen oder Kommentare reagieren kann. Selbstbewusste, einfache Antworten wie „Das sind nur Pigmentflecken, die habe ich von Geburt an“ können helfen, unangenehme Situationen zu entschärfen.
4. Praktische Tipps für den Alltag
- Sonnenschutz: Da Vitiligo-Hautstellen empfindlicher gegenüber UV-Strahlen sind, ist ein konsequenter Sonnenschutz wichtig.
- Pflegeprodukte: Verwenden Sie sanfte Pflegeprodukte, um die Haut nicht zusätzlich zu reizen.
- Kreative Lösungen: Manche Kinder empfinden es als hilfreich, die weißen Flecken mit Kleidung oder Make-up abzudecken. Unterstützen Sie diese Entscheidung, aber betonen Sie, dass es nicht notwendig ist, sich zu verstecken.
5. Fazit
Als Elternteil eines Kindes mit Vitiligo können Sie viel dazu beitragen, dass Ihr Kind ein positives Selbstbild entwickelt. Die wichtigste Botschaft, die Sie vermitteln können, lautet:
Dein Wert hängt nicht von deinem Aussehen ab, und du bist genauso liebenswert wie jeder andere auch.
Seien Sie ein verlässlicher Partner an der Seite Ihres Kindes und ermutigen Sie es, stolz auf seine Individualität zu sein. Mit der richtigen Unterstützung und viel Liebe kann Ihr Kind lernen, Vitiligo als einen Teil seiner Einzigartigkeit zu akzeptieren.